Plusminusnull Architektur macht Schule
In der knapp 4000 Einwohner zählenden Stadt Neufeld an der Leitha liegen Kindergarten, Volks- und Mittelschule im Ortskern beisammen. Mehr Platz für mehr Klassen ist gefragt, die Gebäude sind stark sanierungsbedürftig, ein Neubau unerlässlich, doch soll die prominente Stelle im Ortskern verständlicherweise nicht aufgegeben werden.
Mit unserem Entwurf, der es sich zur Aufgabe gestellt hat, Schule zu einem Wohlfühlort zu machen, konnte die Jury überzeugt und der Wettbewerb gewonnen werden!
Nutzfläche: 7622,48 m²
Ort: Neufeld an der Leitha, Burgenland
Status: Wettbewerbsbeitrag
Herein, herein!
Mit seiner geschwungenen, nach innen ziehenden Form bittet der Osteingang Morgen für Morgen die Schüler und Schülerinnen von Volks- und Mittelschule in den Campus herein. Mäandernd steuert ein breiter Weg auf den Eingang zu, zu beiden Seiten schließen sich Rasenflächen an – ein kleiner Park, der zum Entspannen genauso wie zum Spielen und kreativem Lernen einlädt. Der Eingang liegt überdacht und zurückgezogen unter das auskragende Obergeschoß. Bewusst setzt das Spiel mit dem Gegensatz von Konkavität und Konvexität die organische Formensprache des Hofes fort, Gebäude und Hof verbinden sich so zu einem harmonischen Ganzen.
Drehscheibe.
Spätestens im Foyer teilen sich der Wege der Volks- und MittelschülerInnen. Letztere nehmen den (keinesfalls sprichwörtlich gemeinten) linken Weg, um in die Garderoben zu gelangen, die VolksschülerInnen den rechten, überdies ist ein eigener Bereich für Eltern vorgesehen, wo diese abseits des freizuhaltenden Fluchtwegs auf ihre Kinder warten können. Die Garderoben selbst sind bewusst als Schleusen konzipiert, die zu den Treppenhäusern bzw. Unterrichtsräumen führen. Es gibt also nur eine Hauptbewegungsrichtung, was dabei hilft, das in den Garderoben zu Stoßzeiten oftmals entstehende Chaos möglichst gering zu halten.
Der Eingang im Westen, in dessen unmittelbarer Nähe Parkplätze zur Verfügung stehen, dient vor allem den Lehrern und Lehrerinnen. Aber auch externe Personen finden hier außerhalb der Unterrichtszeiten ihren Weg in den Campus. Ohne Zutritt zum restlichen Gebäude zu haben, können sie die Lehrküche sowie Turnsäle nützen.
In der Mitte schlägt das Herz.
Herzstück unseres Entwurfes ist ein in der Mitte zwischen Volks- und Mittelschule gelegenes und verbindendes, offenes, zweigeschoßiges Raumgefüge, das aus der Cafeteria, dem Multifunktionsbereich bzw. der Aula, sowie der Galerie und der Bibliothek besteht. Angeschlossen an die Cafeteria ist die Aula der zentrale Ort der Begegnung und Kommunikation. In kugelförmigen Hängesesseln, auf geschwungenen Loungemöbeln oder an zwischen Pflanzen gelegenen Tischgruppen können Schüler und Schülerinnen miteinander ins Gespräch kommen, sich über Neuigkeiten austauschen und für den nächsten Test lernen. Über eine elliptische Deckenöffnung verbindet sich die Aula mit dem ersten Obergeschoß, die nach oben führende Treppe kann im Rahmen von Veranstaltungen auch als Tribüne genützt werden. Oben, über dem Eingang und direkt an der Galerie liegend, lässt die Bibliothek ihre BesucherInnen einerseits in die Aula blicken, andererseits hinaus in den Schulhof.
Zuseher erwünscht.
Der im Südwesten des Grundstücks gelegene Gebäudeteil beherbergt die beiden Turnsäle. Beide Säle können quer durchlüftet werden, der obere Turnsaal lässt sich in zwei kleinere Säle unterteilen, der untere Turnsaal verfügt über eine Zuschauergalerie mit Stehplätzen und einer Tribüne, von der aus Schülerliga-Matches und andere sportliche Wettbewerbe mitverfolgt werden können. Bei Schönwetter können sich die Türen der Galerie ins Freie öffnen, Sportveranstaltungen ihren Ausklang im Schulhof finden.
Freiraum auf allen Ebenen.
Besonderes Augenmerk legt der Entwurf auf die Verbindung zwischen Innen- und Außenraum. Nicht nur Aula und Cafeteria finden an warmen Tagen ihre Erweiterung in gärtnerisch ausgestalteten Höfen, auch die Bildungscluster sind auf allen drei Ebenen an verschiedene, unter freiem Himmel gelegene Räume angebunden. Neben dem Schulhof steht im Erdgeschoß einer der beiden bereits erwähnten Innenhöfe zur Verfügung, im ersten Obergeschoß geht es hinaus auf eine Terrasse, von der es sich über den Schulhof blicken lässt, und ganz oben lockt jenes 250 m2 große Atrium ins Freie, das, geschützt von Lamellen liegend, der Architektur ihre Identität stiftet.
Maximale Flexibilität.
Im Bereich der Unterrichtsräumlichkeiten sehen wir es als unsere Aufgabe an, pädagogische Konzepte zu unterstützen, die die Aktivität sowie die Selbstständigkeit der Kinder und Jugendlichen fördern. Je drei Klassen sowie ein Mehrzweckraum bilden zusammen mit den an entsprechender Stelle zu offenen „Marktplätzen“ geweiteten Erschließungswegen ein Bildungscluster. Jedes Cluster ermöglicht das Lernen in Gruppen verschiedenster Größen und bietet optimale Bedingungen für Stationenlernen und klassenübergreifende Begegnungen. Schon die Klassen lassen sich dank ihrer Größe von 75 m2 mit Hilfe schallabsorbierender, mobiler Trennwände unterteilen. Für weiteres, individuelles Lernen stehen in Kojen zurückgezogene Arbeitsplätze zur Verfügung, darüber hinaus bieten Kleingruppenräume die nötige Abgeschlossenheit für die gezielte Förderung einzelner oder weniger Kinder.
Win win.
Lange haben wir uns die Köpfe über das Problem zerbrochen, die Freiflächen des angrenzenden Kindergartens nicht zu beschneiden und dennoch das in der Ausschreibung vorgesehene Raumprogramm der Schule umzusetzen. Gelungen ist dies über die Schaffung eines Gebäudeteils, der zur einen Hälfte in der Erde verschwindet, zur anderen Hälfte dieser jedoch entwächst. Die unten gelegenen Unterrichtsräume, konkret die Lehrküche sowie der NaWi-Saal erhalten ein von ab 1,5 m über Fußboden bis zur Decke reichendes, breites Lichtband, ein Teil der Freifläche des Kindergartens verwandelt sich in einen ein halbes Geschoß höher gelegenen Garten mit einem nicht zu steilen Hang zum Rodeln und Kullern. Dabei haben wir auch darauf geachtet, dass es zu keinen Störungen des Schulbetriebes durch den Kindergartenbetrieb kommt – Berührungspunkt sind die übereinanderliegenden beiden Turnsäle, die in diesem Bereich über Oberlichten erhellt werden, sodass Schüler und Schülerinnen, während sie konzentriert arbeiten, also nicht von gegen die Fensterscheibe klopfenden, neugierigen kleinen Nasen gestört werden.
Nachmittagsbetreuung.
Auch den Trend zur ganztägig geführten Schule unterstützt der Entwurf und stellt für die Nachmittagsbetreuung bzw. den Unterricht am Nachmittag vier eigene Klassenräume im Erdgeschoß sowie den 80 m2 großen Werkraum zur Verfügung, der zu Kreativarbeiten einlädt.